Schlafprobleme und Darmgesundheit

Wie der Darm den Schlaf beeinflusst

Unser Darm wird auch als „zweites Gehirn“ bezeichnet, weil es ebenfalls über ein Nervensystem mit rund 100 Millionen Neuronen verfügt. Es besteht eine permanente Kommunikation zum Gehirn und zum zentralen Nervensystem, um die Hormonproduktion, Immunfunktionen, Verdauung und den Stoffwechsel zu organisieren.

Genauso wie das Gehirn produziert auch das Mikrobiom des Darms viele der Neurotransmitter, die für den Schlaf zuständig sind, u.a. Dopamin, Serotonin und Melatonin. Es ist also naheliegend, dass die Gesundheit des Darms einen hohen Einfluss auf den Schlaf haben sollte. Genau dazu sind nun einige Forschungsarbeiten zum Thema erschienen, die neue Erkenntnisse liefern:

1. Schlafmangel führt schnell zu Problemen

Die Verbindung zwischen Schlafqualität und Darm funktioniert in beide Richtungen: Unser Darm hat einen Effekt darauf, wie wir schlafen. Umgekehrt haben die Schlafphasen einen direkten Einfluss auf die Gesundheit und die Vielfalt der Bakterien, die den Darm bevölkern. Ein deutsch-schwedische Forschergruppe hat 2016 als eine der ersten die Auswirkungen von Schlafmangel auf das Mikrobiom des Darms erforscht. Bei einem Schlafentzugs-Experiment mit gesunden, normalgewichtigen jungen Männern zeigten sich schon nach 2 „sehr kurzen“ Nächten zeigten sich signifikante Veränderungen:

  • Deutliche Verringerung der ‚guten‘ Bakterien – ähnlich wie es bei Fettleibigkeit und Diabetes Typ 2 zu beobachten ist
  • Deutlich geringere Insulin-Sensitivität  

2. Ungesunder Darm, Schlafmangel und kognitiver Verfall

Es wird viel über den Zusammenhang von Darmgesundheit und mentaler sowie kognitiver Gesundheit berichtet. Die Beweise verdichten sich, dass die Darmgesundheit ein wichtiger Faktor bei Depression, Angststörungen und anderen mentalen Störungen (z.B. dem post-traumatischen Stress-Syndrom) ist.

Es sollte also nicht überraschen, dass eine Studie aus 2017 an der US-Uni „Kent State“ ergab, wie sehr Schlafmangel auch die kognitiven Fähigkeiten über die Zeit, und insbesondere im Alter verschlechtert. Sie untersuchten speziell die Rolle des Darms in der Gleichung, und fanden in der beobachteten Altersgruppe (50-85) starke Verbindungen – im negativen wie im positiven Sinne. Denn verbesserter Schlaf hatte gleichzeitig eine bessere Darmgesundheit wie auch verbesserte kognitive Fähigkeiten zur Folge. Ob eine Verbesserung der Darmgesundheit die Folgen von Schlafmangel mildern kann? Die Forscher sind zuversichtlich, geben aber zu, dass für die letzte Gewissheit weitere Studien nötig sind.

3. Darm, Schlaf Apnoe und Bluthochdruck

Die meisten Folgen der Schlafapnoe sind zwar bekannt, werden aber von den Betroffenen leider viel zu oft nicht ernst genommen. Dabei stören die Atemaussetzer den Schlaf massiv und sorgen für Konzentrationsstörungen und verminderte Leistungsfähigkeit. Doch dramatischer sind die Langzeitwirkungen, die von Bluthochdruck bis hin zu einem Schlaganfall oder Herzinfarkt reichen. Auch die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms leidet.

Neuere Studien zeigen nun, dass der Darm eine entscheidende Rolle dabei spielt, wenn sich bei Menschen mit Schlaf-Apnoe hoher Blutdruck entwickelt. Beide Beschwerden treten oft gemeinsam auf – Hoher Blutdruck kann Schlaf-Apnoe begünstigen, und umgekehrt. Und der dadurch verursachte Bluthochdruck ist leider nur schwer zu behandeln.

Häufig unterbrochener Schlaf beeinträchtigt das Mikrobiom und den Stoffwechsel

Die häufigen Unterbrechungen, die durch die Atemaussetzer entstehen, führen dazu, dass der Körper viel zu selten in die tiefe, erholsame REM-Phase des Schlafes fällt. Es gibt eine wachsende Zahl an Forschungsergebnissen, die Veränderungen im Stoffwechsel und in den Essgewohnheiten als Folge dieser häufigen Schlafunterbrechungen belegen – bis hin zu Diabetes Typ 2. Dem Darm scheint eine besondere Rolle zuzukommen, denn dort werden unter anderem Entzündungsprozesse ausgelöst, die zu Stoffwechselstörungen führen.

Mit Probiotika gegen Stress als Verursacher #1

Wir wissen, dass Stress jeder Art ein Hauptfaktor für Schlafprobleme ist. Die Forschung zeigt, dass Stress den Darm negativ beeinflusst (das spüren wir ja auch), und dass die mangelnde Darmgesundheit die negative Wirkung auf den Körper noch verstärkt.

Japanische Forscher sind der Frage nachgegangen, welche Bakterien gegen diesen Teufelskreis helfen können. Sie untersuchten die Auswirkungen einer täglichen Gabe von probiotischen Bakterien auf eine Gruppe von Studenten, die sich auf Prüfungen vorbereiteten. Sie wurden in zwei Gruppen geteilt: Acht Wochen vor, und 3 Wochen nach der Prüfung erhielt eine Gruppe einen Placebo-Drink, während die andere Gruppe einen Drink mit Lactobacillus casei strain Shirota erhielt. Dabei handelt es sich um einen der gutartigen Bakterienstämme, die im menschlichen Mikrobiom vertreten sind. Er ist auch in Nahrungsmitteln wie Joghurt vorhanden.

Wenig überraschend gerieten beide Gruppen im Vorfeld der Prüfung zunehmend in Stress. Die Placebo Gruppe zeigte deutliche Veränderungen im Schlaf: Sie brauchten länger, um einzuschlafen, und verbrachten weniger Zeit im tiefen, langwelligen Schlaf. Ihre Ängste nahmen zu, während der Tag der Prüfung näher rückte.

Die probiotische Gruppe hatte eine komplett andere Erfahrung. Ihr Stress-Level stieg ebenfalls an, aber die Auswirkungen auf den Schlaf waren ganz anders:

  • Weniger Schwierigkeiten beim Einschlafen
  • Gleichbleibende, teilweise längere Tiefschlaf-Phasen
  • Nach dem Aufwachen fühlten sich die Teilnehmer besser erholt als die Placebo-Gruppe

Das deutet darauf hin, dass Probiotika helfen können, die negativen Auswirkungen von Stress auf den Schlaf zu verhindern oder zumindest abzumildern.

Die Forscher geben zu bedenken, dass es sich hier um eine vergleichsweise kleine Studie (unter 100 Personen je Gruppe) handelt und dass der Darm nicht nur extrem komplex, sondern auch hochgradig individuell bevölkert ist. Was bei einer Person helfen kann, hat beim anderen gar keine Auswirkungen. Dennoch, ein Versuch ist es natürlich wert, und ergänzend dazu haben die Forscher noch einige weitere Empfehlungen, um dem Darm und dem Schlaf zu helfen:

  • Konzentriere dich auf vollwertige, nicht verarbeitete Lebensmittel. Verarbeitete, zucker- und fettreiche Lebensmittel schaden dem Mikrobiom, indem sie die gutartigen Bakterien verringern und den schlechten mehr Nahrung geben.
  • Bevorzuge Bio-Lebensmittel. Studien zeigen, dass Pestizide einen negativen Einfluss auf das Mikrobiom haben. Kaufe Bio so oft wie möglich, und orientiere dich bei konventionellem Anbau an Listen wie den Dirty Dozen / Clean 15.
    Dirty 12 und Clean 15
  • Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen. Gemüse und Früchte sind ein Fundament für guten Schlaf. Je mehr verschiedene Sorten, desto besser.
  • Prebiotika nehmen. Prebiotika sind eine Energiequelle für Billionen kleiner Organismen im Darm. Alle ballaststoffreichen Lebensmittel sind hilfreich, u.a, Spargel, Äpfel, Artischocken, Bananen, Zwiebeln und Knoblauch. Eine Ballaststoffreiche Ernährung reduziert Stress und verbessert den Schlaf.
  • Abends vernünftig essen. Einerseits sollte man nicht hungrig ins Bett gehen, andererseits zu später Stunde wenn, dann auf keinen Fall Zucker- und fettreich essen. Der perfekte Abend-Snack ist leicht verdaulich, eine Kombination aus komplexen Kohlenhydraten und Protein, und nicht mehr als 200 Kalorien. Zum Beispiel Bananen, oder Vollkorn-Haferflocken mit Milch.
  • Bewegung! Regelmäßige Bewegung ist unheimlich wichtig für den Schlaf. Maßvoller Sport hilft beim Einschlafen, führt zu tieferem Schlaf und hat einen positiven Effekt auf den Darm. In einer neueren Studie wurde durch die regelmäßige Aktivität der Teil des Mikrobioms gestärkt, der Entzündungsprozesse im Körper hemmt, und zwar unabhängig von der sonstigen Ernährungsweise.

Insgesamt ist durch die jüngsten Ergebnisse sehr deutlich geworden, dass guter Schlaf dem Darm hilft, und dass eine Investition in die eigene Darmgesundheit sich auch für den Schlaf auszahlt.

Quelle: Aus dem englischen von Psychology Today

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