Ab dem Alter von ca. 2 Wochen entwickeln ungefähr 20% der Neugeborenen Symptome einer infantilen Kolik. Die auch als Dreimonatskoliken bezeichneten Krämpfe halten drei bis fünf Monate an, bevor sie quasi von allein wieder verschwinden.
Die behandelnden Ärzte haben häufig nur eine ungefähre Vorstellung davon, welche Auswirkungen untröstliches und lang anhaltendes Weinen auf die Familiendynamik, die Mutter-Kind-Beziehung und die Ressourcen der Gesundheitsversorgung haben können.
Betroffene Eltern aber wissen, wie anstrengend diese Monate sein können.
Forschung im Verdauungstrakt
Ehe der familiäre Frieden in (noch) ferner Zukunft nicht mehr davon belastet wird, ist in Sachen Dreimonatskolik noch reichlich Forschung und die Entwicklung von effektiveren Behandlungsmethoden als dem „Schaukeln“ und „Beruhigen“ notwendig. Die Forschungsansätze liegen beinahe ausschließlich im gastrointestinalen Bereich, da man die Ursache im Darm vermutet.
Fortschritte in der molekularen Technologie, die ribosomale RNA und ribosomale DNA einsetzen, haben den Forschern nun Gelegenheit gegeben, der Darmflora eine Verbindung mit infantilen Koliken nachzuweisen. Was es mit den Ribosomen auf sich hat? Sie sind zuständig für die Herstellung von Proteinen, die unser Körper quasi für Alles benötigt.
Bereits 2012 wurde in einer in Finnland durchgeführten Studie ein Nachweis für die Ursache des kindlichen Dauerweinens im Darm gefunden. Insgesamt fünf neue Studien haben sich zum Ziel gesetzt, den möglichen Zusammenhang von Darmdysbiose, also einer unausgewogenen Darmflora, mit der Entwicklung von infantilen Koliken besser zu verstehen.
Geringe Bakterienvielfalt – hohe Kolik-Gefahr?
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass von den Koliken betroffene Babys eine deutlich höhere Konzentration an Proteobakterien im Darm aufwiesen. Das ist eine Bakterienart, die häufig Krankheitserreger in sich trägt. Gleichzeitig besaßen sie eine wesentlich geringere Bakterienvielfalt als die gleichaltrigen, nicht betroffenen Säuglinge.
Wenig unterschiedliche Bakterienarten sind also scheinbar ebenso schlecht für den Baby-Körper wie die erhöhte Anzahl der Proteobakterien. Denn die ’schlechten‘ Bakterien bekommen dadurch mehr Gewicht im Darm.
Was bedeutet das für die Forschung?
Aufgrund der Forschungsergebnisse geht man davon aus, dass sich der Konzentrationsgehalt von Actinobacteria Bifidobacterium und Firmicute Lactobacillii (die zu den ‚Guten‘ gehören) umgekehrt proportional zur Menge des Weinens und Aufgeregtheit bei Neugeborenen verhält. Mit anderen Worten: Je weniger Bakterienarten im Darm, desto größer das Geschrei. Der in den Studien beobachtete Zusammenhang einer unausgewogenen Darmflora mit den Symptomen der infantilen Koliken rechtfertigt weitere Forschungen auf diesem Gebiet.
Die Ergebnisse der Studien lassen darauf schließen, dass die Ursachen für die Dreimonatskoliken tatsächlich in der frühen Bakterienkolonisation des Darms zu suchen sind. Trotzdem müssen bei der Erkennung infantiler Koliken andere Krankheitsbilder ausgeschlossen werden, damit eine Behandlung erfolgen kann.
B. Schriefers
Das würde bedeuten, daß hier eine höhere Zahl an Kaiserschnittkindern wäre.