Probiotika für ein besseres Gedächtnis?

Und wie um die Komplexität der Beziehung zwischen menschlichem Körper und Bakterien ein weiteres Mal unter Beweis zu stellen, haben Forscher gerade herausgefunden, dass bestimmte Probiotika Angstzustände lindern und die Gedächtnisleistung steigern können!

Ängste abbauen und die Gedächtnisleistung steigern

In einer Versuchsreihe verabreichten die Forscher des University College Cork in Irland einer kleinen Gruppe gesunder männlicher Probanden geringe Dosen lebender Bakterien, dem Bifidobacterium longum 1714.

Im Laufe der Versuche registrierten die Forscher veränderte Reaktionen auf leichte Stresssituationen sowie einen Anstieg der Gedächtnisleistung bei verschiedenen Tests.

„Vorhergehende Studien mit Nagetieren haben gezeigt, dass dieser Bakterienstamm einer veränderten physiologischen Antwort auf Stress sowie Veränderungen im Erinnerungsvermögen zugeordnet werden kann“, erklärt der Forscher Allen Andrew. „In unserem ersten Versuch mit gesunden menschlichen Probanden wollten wir also herausfinden, ob er im menschlichen Körper den selben Effekt hat.“

Darmbakterien kommunizieren mit unserem Gehirn und beeinflussen das Nervensystem

Die Ergebnisse der irischen Forscher müssen zwar als vorläufig angesehen werden, doch ist ihre Studie längst nicht die erste, die sich mit der Wechselwirkung des Nervensystems und des Darms beschäftigt. So wissen wir zum Beispiel bereits, dass in unseren Eingeweiden Bakterien unterwegs sind, die Moleküle herstellen, die wiederum mit dem Nervensystem kommunizieren. Diese sogenannten Neurotransmitter sind auch in unserem Gehirn vorhanden, z.B. in Form des „Glückshormons“ Serotonin.

„Auf diesem Gebiet sind unsere Erkenntnisse noch sehr eingeschränkt“, sagt Andrew. „Herauszufinden, wie die Neurotransmitter im Darm mit den Neurotransmittern im Gehirn kommunizieren, das braucht noch eine ganze Menge Arbeit. Aber unsere Ergebnisse zeigen, dass sich selbst in gesunden Versuchspersonen die Aktivität des Nervensystems beeinflussen lässt, indem man die Bakterienaktivität im Darm manipuliert.

Gedächtnistests und Angstmessung – die irische Studie

Im Rahmen der Studie, die zwar noch nicht publiziert ist, aber während der Oktober-Konferenz der „Society for Neuroscience“ in Chicago präsentiert wurde, wurden 22 gesunde männliche Probanden zwischen 18 und 40 Jahren getestet. Über jeweils vier Wochen bekamen sie entweder zuerst ein Placebo und dann eine probiotische Tablette verabreicht, oder umgekehrt. Vor dem Beginn der Studie und nach jedem Abschnitt der Behandlung unterzogen die Forscher die Männer verschiedenen Tests und ließen sie Fragebögen über Angstzustände ausfüllen, die mithilfe des State-Trait Angst Inventar nach Charles Spielberger gemessen wurden.

Einer der Tests drehte sich um das Memorieren von Mustern, und die Forscher fanden heraus, dass die Probiotika eine gesteigerte Leistungsfähigkeit auf diesem Gebiet verursachten. Bei einem anderen Test wurden die Hände der Probanden 3 Minuten lang unter eiskaltes Wasser gedrückt, während ihr Stresslevel gemessen wurde. Während der Ängstlichkeitswert mit jeder Wiederholung des Versuchs nachvollziehbar anstieg, verlief der Anstieg bei den Probanden, die die Probiotika eingenommen hatten, langsamer als bei denen, die nur ein Placebo erhalten hatten. Darüber hinaus war auch die Produktion des „Stresshormons“ Cortisol nach der Einnahme des Probiotikums im Verlauf des Stresstests geringer.

Gedächtnisleistung und Stress liegen nah beieinander

„Besonders interessant an dieser Beobachtung während der Gedächtnistests ist, dass die Leistungsfähigkeit des Gehirns mit einer Gehirnregion namens Hippokampus assoziiert wird, die auch durch Stress beeinflusst wird“, sagt Andrew. „Die sogenannte HPA-Achse, die den Cortisolspiegel kontrolliert, interagiert mit dem Hippokampus, daher scheinen die Resultate der Versuche so eng miteinander verknüpft.“

Die Teilnehmer der Studie wurden außerdem gebeten, in einem Online-Fragebogen täglich ihren Stresslevel anzugeben, der ebenfalls zum Ende des probiotischen Abschnitts hin abnahm.

Quod erat demonstrandum: Die Grenzen der Versuchsreihe

Trotzdem stößt die Studie an offensichtliche Grenzen. Zuallererst muss das Team um Allen Andrew beweisen, dass das in Tablettenform zugeführte probiotische Bakterium überhaupt im Magen-Darm-Trakt ankommt, doch während der Studie wurden Stuhlproben genommen, die in dieser Hinsicht hoffentlich Licht ins Dunkel bringen werden. Außerdem haben die Forscher bisher nur männliche Probanden getestet. Weibliche Testpersonen seien ein schwierigeres Testpublikum, denn der Menstruationszyklus kann den Ausstoß von Cortisol beeinflussen und so die Ergebnisse verfälschen.

Die Studie hat bislang außerdem keinen Blick auf die möglichen Mechanismen geworfen, die die in den Versuchen beobachteten Muster erklären können. Das Forschungsteam vermutet, dass die Signalübertragung des Vagusnervs darin involviert sein könnte, einer der Schädelnerven, der den Verdauungstrakt versorgt. Möglicherweise setzen die probiotischen Bakterien Moleküle frei, die mit den Nervenfasern kommunizieren, aber im Moment ist das noch weit entfernte Zukunftsmusik.

Haben Sie genügend Bifidos im Darm?
Machen Sie doch hier den Test 🙂

Kommentieren