Dukatenesel 2.0 – Mit dem eigenen Stuhlgang 13.000 USD im Jahr verdienen

Die deutsche Sprache ist erfindungsreich, was das Vokabular um das „große Geschäft“ angeht: Die einen haben Stuhlgang, andere gehen einen abseilen, und manche machen einen Haufen. Die englische Sprache ist da weitaus direkter: to poop heißt das Verb, und das findet sich im nicht ganz unbeliebten Ratgeber „Everyone Poops“ wieder. Warum auch nicht? Dass wir es alle tun, ist eine der wesentlichen Tatsachen des Lebens.

Bares Geld verschwindet im Gulli

Die meisten Leute ziehen im Anschluss an ihr Geschäft einfach ab, ohne einen weiteren Gedanken an das zu verschwenden, was da durch die Leitungen gespült wird. Und weil des einen Leid des anderen Freud ist, macht ein gemeinnütziges Unternehmen Scheiße sprichwörtlich zu Gold. Die Firma OpenBiome zahlt freiwilligen Spendern bares Geld für ihren Stuhl. Damit entwickeln Forscher Fäkaltransplantate zur Behandlung von Clostridium difficile, einem aggressiven Darmbakterium, das höchst resistent gegen Antibiotika ist.

In Europa sterben jährlich 27.000 Menschen an Clostridium difficile Infektionen des Darmes, in den USA sind es 15.000 Fälle. Ihre Bekämpfung wurde zur nationalen Priorität erhoben.

C. difficile mit neuen Methoden behandeln

Der beste und bislang scheinbar effektivste Weg, C. difficile zu behandeln, liegt in einer Fäkaltransplantation. Das ist so unangenehm wie es klingt, aber was nimmt man nicht alles auf sich, damit der Körper wieder das tut, was er soll? Zu Anfang setzten Ärzte auf invasive transnasale Magensonden oder Darmspiegelungen, um fäkale Spendersubstanzen in den Darm ihrer Patienten einzuführen. Doch insbesondere bei dem Weg durch die Nase (!) ist die Gefahr eine Lungeninfektion zu hoch.

Eine neue Methode verspricht eine weniger unangenehme Behandlung der Infektion: Kapseln mit gefrorenen Fäkalien, die als Tablette geschluckt werden, tauen im Körper auf und geben ihren Inhalt im Darm frei. Mit einer Erfolgsrate von ca. 90 Prozent ist diese Behandlungsmethode durchaus mit der traditionellen vergleichbar – aber wesentlich angenehmer durchzuführen.

Fäkalkapseln als Geschäftsidee

Diese gefrorenen Kapseln haben bei OpenBiome das Ruder übernommen: Die Firma sammelt und untersucht Stuhlproben, und verarbeitet sie zu einnahmefertigen Kapseln für Krankenhäuser.

Die Ersparnisse für das Gesundheitswesen sind gewaltig: Die üblichen Behandlungskosten einer C.Diff-Infektion werden auf mindestens 13.000 USD beziffert – pro Krankenhausaufenthalt.

Aber wo kommen diese Fäkalien eigentlich her?

„Dukatenscheißer Hotel Kaiserworth Goslar“ von Ogmios über Wikimedia Commons

„Dukatenscheißer Hotel Kaiserworth Goslar“ von Ogmios über Wikimedia Commons

OpenBiome bezahlt Spender, die sich verpflichten, mehrere Proben pro Woche zur Verfügung zu stellen. Doch obwohl es grundsätzlich jeder tun könnte, werden nur ausgewählte Kandidaten für ihre Spende bezahlt. Denn OpenBiome stellt eine Reihe von Voraussetzungen für seine Spender auf:

  • Die Spender müssen nahe der Labore in Medford, Massachusetts leben, um sich registrieren und spenden zu können.
  • Wer den Bestimmungen in Sachen Alter und BMI entspricht und vor der Untersuchung Fragen zu seiner Gesundheit beantwortet, wird aufgefordert, eine Blut- und eine Stuhlprobe abzugeben.
  • Wird diese positiv getestet, wird gespendet: mindestens 4x pro Woche für 60 Tage; danach wird der Spender erneut untersucht.
  • Erst wenn die neuen Blut- und Stuhlproben ebenfalls positiv getestet werden, gehen die zuvor gesammelten Proben ins Labor, wo sie zu Kapseln verarbeitet und an Patienten im ganzen Land verschickt werden.

Der geltende Preis für eine Spende liegt bei 40 $; wer 5x die Woche kommt, bekommt noch 50 $ extra. Die Rechnung ist schnell gemacht: 250 $ die Woche, stolze 13.000 $ im Jahr. Und OpenBiome legt noch einen obendrauf: Sie vergeben Preise an Spender, die die meisten Proben einreichen, den größten Haufen abliefern, etc.

Ob OpenBiome einen Anstecker wie den „Sei freundlich zu mir. Ich habe heute Blut gespendet“-Sticker des Roten Kreuzes einführen wird, ist bisher allerdings nicht bekannt.

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